Nach dem bisher schönsten Tag in Neuseeland muss ich Nelson leider auch schon verlassen und fahre drei Stunden mit dem Bus zu meinem nächsten Ziel. Wahrscheinlich war die Fahrtzeit zu kurz für mich (und die Abfahrt zu früh), um noch genug Stunden „nachzuschlafen“, denn ich komme total übermüdet im Hostel an. Da ich aber keine Zeit übrig habe, die ich verschwenden könnte, buche ich für den Nachmittag direkt das nächste Abenteuer: Horse Trekking.
Die kleine Stadt Westport liegt an der Westküste der Südinsel und bietet mit dem Buller River und der umliegenden hügeligen Landschaft die perfekte Kulisse für das „Wandern mit Pferden“. Klingt ja total entspannt, denke ich, doch der Nachmittag wird deutlich anstrengender als gedacht. Gut, dass ich im „Bazil`s Hostel“, in einer genial entspannten Athmospäre etwas Energie tanke, bevor es los geht. Überall im Garten stoße ich auf Hängematten und das Gebäude ist mit Kaminen durchzogen, vor denen kleine hosteleigene Katzenkinder dösen. Bevor ich es mir allerdings zu gemütlich mache (und einschlafe), werde ich auch schon abgeholt und zu einem nahegelegenen kleinen Reiterhof gebracht.
Ich weiß nicht, was ich erwartet habe, aber das nicht: Wir sind eine kleine Gruppe von fünf Leuten, die alle nicht reiten können und die Pferde könnten größer nicht sein. Das sind doch gute Voraussetzungen für einen lustigen Nachmittag. Mit Helmen und Gummistiefeln (!) ausgerüstet, werden wir unseren Pferden zugeteilt und ich erwische natürlich das größte Pferd, einen Hengst namens Wings. Na ja, dem Namen nach scheint er ja ganz friedlich zu sein.
Jetzt heißt es allerdings erst einmal die (sprichwörtliche) nächste Hürde zu überwinden: Wie soll man denn bloß in den Sattel kommen? Einer aus der Gruppe probiert es mit viel Schwung – zu viel Schwung – und fällt auf der anderen Seite wieder runter. Ich könnte schwören, dass sich sogar sein Pferd wiehernd schlapp lacht ;-)
Als schließlich alle (mehr oder weniger kartoffelsackig) im Sattel sitzen, bekommen wir eine sehr rudimentäre Einführung in die Grundlagen des Reitens und dann geht es bereits los – zunächst bloß im Schritttempo. Wir reiten wunderbare Felder entlang bis zum Wald und es ist irgendwie ein merkwürdiges Gefühl, so ein intelligentes und massives Tier steuern zu können. Ich versuche so professionell wie nur möglich im Sattel zu sitzen, damit sich das Pferd nicht denkt: „Oh nein, nicht schon wieder so ein trotteliger Sandsack, den ich die nächsten Stunden mit mir rumschleppen muss.“
Der Pfad durch den Wald wird immer enger und wir können nur hintereinander reiten. Ich bin froh, dass ich einen Platz weiter vorne erwischt habe, denn eins der Pferde hat übelste Blähungen. Wir reiten sprichwörtlich über Stock und Stein und ich bin dankbar, dass ich einen Helm und eine lange Hose anhabe. Alle paar Meter muss ich mich unter Ästen hinwegducken und werde von Zweigen gestreift. Fast scheint es, als würden sich die Pferde einen Spaß daraus machen, besonders nah an Sträuchern vorbeizureiten – die kleinen Schelme.
Nach einer Weile erreichen wir den Buller River. Unser Guide sucht eine etwas flachere Stelle heraus und wir machen uns daran, das steile Stück vom Rand hinabzusteigen. Ich lehne mich weit im Sattel zurück, während sich Wings vorsichtig seinen Weg bahnt und kurz zögert, bevor er den ersten Huf ins Wasser taucht – fast als würde er die Wassertemperatur messen wollen.
Dann springt er mit großen Sätzen das letzte Stück hinein in die Fluten. Wings schnaubt und arbeitet sich mühsam aber begeistert durch das Wasser. Das ist quasi Aquajogging für Pferde. Das Wasser steht mir bis zum Rand der Gummistiefel und ich ziehe meine Beine ein wenig an. Dann reiten wir über kleine sandige Flussbänke im flacheren Wasser den Fluss entlang.
Nach einer Weile erreichen wir eine große hügelige Wiese und lassen die Pferde etwas grasen, bevor wir uns am Trab und Galopp versuchen. Jeder der behauptet, Reiten sei kein Sport „weil ja das Pferd die ganze Arbeit macht“ sollte mal probieren, zu Traben. Das ist unglaublich anstrengend und meine Rafting–Mountainbiking–Kajaking-geplagten Muskeln rufen mir ein mürrisches „na, das hast du jetzt davon“ zu!
Während des Galoppierens ist der Muskelkater allerdings sofort vergessen. Das ist ein wirklich geniales Freiheitsgefühl. Wings versprüht dabei eine großartige Kraft und Eleganz und ich kann spüren, wie sich seine Begeisterung und Energie auf mich überträgt.
Ich wäre gerne noch länger die Lichtung hoch und runter gedüst, aber nachdem einer aus der Gruppe ziemlich spektakulär vom Pferd fällt, verfliegt die Euphorie etwas und wir machen uns auf den Rückweg. Nach insgesamt zwei Stunden erreichen wir den Hof und mit einem Schwung springe ich aus dem Sattel. Ich bin gleichzeitig glücklich über diese Erfahrung, aber auch erleichtert, dass ich mir nichts gebrochen habe, denn zwei Tage später steht eine der coolsten Sachen überhaupt auf meinem Reiseplan. Spoiler: Es geht in eisige Höhen. Dafür muss ich topfit sein!
Mein Fazit: Horse Trekking ist definitiv etwas Besonderes und sogar für Leute, die nicht reiten können, geeignet! Und schöner (für Mensch und Tier) als dröge im Kreis zu reiten, ist Horse Trekking auf jeden Fall!