Als ich in Thailand war habe ich von Chiang Mai aus einen Abstecher zu einer Elefantenfarm mitten im Dschungel gemacht. Dort bin ich der wundervollen Elefantendame Tap Po begegnet. Ich durfte ihr ganz nahe kommen und habe sie einen Tag lang gepflegt. Dabei habe ich gemerkt, dass Elefanten eigentlich einen Rasierer bräuchten…
Der Tag auf der Elefantenfarm hat mich so begeistert, dass ich eine Nachricht an „meinen“ Elefanten geschrieben habe, um dieses unglaubliche Erlebnis am besten beschreiben zu können. Lies selbst oder hör dir einfach den Podcast an:
Liebe Tap Po,
unsere erste Begegnung auf einer thailändischen Elefantenfarm in Chiang Mai werde ich nie vergessen. Phanumas erklärt mir genau, wie ich mich dir nähern soll. Er ist ein Mahout, also ein Elefantenpfleger. Genauer gesagt ist er dein Pfleger, Tap Po, und er ist schon fast dein ganzes Leben lang an deiner Seite.
Vielleicht ist das auch der Grund, warum du ohne zu zögern näher kommst, als ich das erste Kommando ausspreche:
„Maaa“ – Komm näher.
Kurz vor mir bleibst du stehen und schnupperst mit deinem Rüssel an meinen Füßen, als würdest du mich fragen: Wer bist du und wo kommst du her? Ich lege vorsichtig meine Hand auf deine Stirn und du siehst mich aufmerksam an. Es ist ein merkwürdiges Gefühl, dir gegenüber zu stehen.
Ich weiß jetzt wie es ist, einem wilden Tier in die Augen zu sehen. Wie es ist, dir ganz nah zu sein, obwohl du weit weg laufen könntest. Du bist nicht angekettet, im Gegensatz zu so vielen anderen Elefanten in Thailand. Nein, du kannst dich frei bewegen, aber jetzt stehst du ganz ruhig da. Es ist das schönste Gefühl der Welt für mich, dich so zu sehen. Und wenn ich in deine klugen Augen blicke, frage ich mich, was du gerade denkst und was du schon alles erlebt hast. Spürst du, dass ich mich sofort in dich verliebt habe?
„Bon“ sage ich und du reagierst direkt auf das Kommando.
Sofort hebst du den Rüssel, damit ich dich füttern kann. Du futterst den kompletten Korb leer und siehst mich begeistert an. „Mehr, mehr“ scheinst du zu sagen und wirfst mich mit deinem aufgeregten Rüssel fast um. Ich erschrecke mich ein bisschen und mache einen Schritt zurück. Neben dir bin ich ja so klein. Aber du legst deinen Rüssel vorsichtig um meinen Arm, als wolltest du mir sagen, dass du auf mich aufpasst und nur spielst. Dann stupst du mich an, forderst die nächste Banane und verschluckst dabei fast meine Hand.
Als der Korb leer ist, steht der nächste Punkt deines Pflegeprogramms an. Mit Phanumas zusammen mache ich einen kleinen Gesundheitscheck. Ich soll überprüfen, ob du genug getrunken hast. Phanumas zeigt mir die einzige Stelle an deinem Köper, an der du schwitzen kannst: über deinen Zehennägeln. Und da Elefanten keine Tränenkanäle haben, muss es unter den Augen immer ein bisschen feucht sein. Wenn du trockene Augen hättest, dann wärst du vielleicht krank. Dann hebt Phanumas deinen Dung auf und quetscht ihn aus. Es tropft – noch ein gutes Zeichen. Zum Glück musste ich das nicht machen. Stattdessen bekomme ich einen Büschel Blätter in die Hand gedrückt und fege kleine Steinchen und den Dreck von deinem Rücken, mit dem du dich bewirfst, um deine Haut vor der Sonne zu schützen. Ich spritze dir mit einem Wasserschlauch noch den letzten Staub von der Haut und dann ist es auch schon Zeit, für den Ritt durch den Dschungel.
Ich bin so dankbar, dass ich dich kennenlernen darf und mich einen ganzen Tag lang um dich kümmern kann.
Danke, dass ich mich an deinem Ohr hochziehen darf, ohne dass du protestierst. Und danke, dass du mit deinem Vorderbein meine Füße etwas nachschiebst und mir hoch hilfst.
Ich sitze direkt hinter deinen Ohren und von dort kann ich die kurzen borstigen Haare auf deinem Kopf betrachten. Es sind so viele. Sie fühlen sich an, wie unrasierte Beine mit Gänsehaut. Bevor ich dich getroffen habe, wusste ich nicht, dass Elefanten überhaupt Haare haben. Du hast sogar Haare auf deiner Unterlippe und ich stelle mir vor, wie du morgens einen Rasierer mit deinem Rüssel umschlingst und dir deinen Bart rasierst.
Langsam setzt du einen Fuß vor den anderen und folgst den anderen Elefanten durch das Flussbett. Dabei schaukelst du mich vor und zurück und ich stütze mich auf deinem Kopf ab. Ich kann die starken Muskeln deiner Schultern an meinen Knien spüren und rutsche weiter nach vorne. Ich will nicht auf deinem Rücken sitzen, weil dir das wehtun würde.
Traurig denke ich an den Elefanten, den ich in Kambodscha gesehen habe. Er trug einen Elefantenhochsitz auf dem Rücken mit zwei schweren Touristen drin. Ich konnte genau sehen, wie sich die Halterungen in seinen Rücken bohrten. Aber hier auf der Elefantenfarm werden keine Sitze, Ketten oder Eisenstangen benutzt. Stattdessen reiten wir ohne Hilfsmittel, da du in den Ohren deine stärksten Muskeln hast, weshalb es dir nichts ausmacht, mich zu tragen.
Ich werde mich mein Leben lang an diese zufriedene Stimmung erinnern, als wir durch das Wasser plätschern und ich vor mich hinträume. Plötzlich bleibt die gesamte Elefantenkarawane stehen. Waree, der einjährige Babyelefant hat in einer Kurve ein Schlammloch entdeckt und fängt mitten auf dem Weg an zu spielen. Wir warten alle entspannt, bis der Kleine weiterstürmt und dabei fast über eine Baumwurzel stolpert. Ich habe das Gefühl, du musstest auch ein bisschen über dieses tollpatschige Energiebündel schmunzeln, Tap Po.
Vorsichtig stupse ich dich mit meinen Füßen hinter den Ohren an und sage „pai“. Du läufst brav weiter und ich lobe dich ausgiebig dafür: „Didii, Tap Po. Didii!“.
Mittags machen wir dann eine Pause. Ich sitze mit den anderen Reisenden auf dem Boden einer kleinen Bambusterasse. Die Frauen der Mahouts haben uns ein geniales thailändisches Büffet vorbereitet. Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass du auch ein Päuschen machst und die Blätter der Bäume am Flussbett mampfst. Ich schmuggel eine Banane als Nachtisch zu dir und lege sie dir in den Rüssel, als ich auf dich draufklettere.
Als wir wieder bei der Elefantenfarm ankommen, bade ich dich zum Abschluss in einem Teich und du läufst so tief hinein, dass du mich direkt mitbadest. Du prustest Wasser vor Glück, als ich dich hinter den Ohren wasche und gibst mir eine erfrischende Dusche.
Du bist zwar längst sauber, aber ich schrubbe deine Stirn und deinen Hinterkopf extra sorgfältig.
Ich will mich bei dir bedanken, Tap Po, dass du mich durch den Dschungel getragen hast. Du verstehst das und wedelst ganz bedächtig mit deinen Ohren. Sie sehen am Rand schon ganz zerfleddert aus und deine runzlige Haut wirkt, als wärest du 1000 Jahre alt. Was du wohl schon alles erlebt hast? Dabei bist du erst 24 Jahre alt. Genauso alt wie ich.
Als ich mich von dir verabschiede, hebst du noch einmal deinen Rüssel, als würdest du mir zuwinken. Ich werde dich vermissen, Tap Po.
Vielleicht sehen wir uns irgendwann mal wieder. Wahrscheinlich sind wir dann beide runzlig.
Hallo Lisa,
ein wirklich schöner Blogpost! In welchem Elefantenpark warst du denn in Chiang Mai?
Liebe Grüße Jenny
Hey Jenny,
vielen lieben Dank! Ich war auf der Patara Elephant Farm in der Nähe von Chiang Mai. Wirklich sehr zu empfehlen und auch immer schnell ausgebucht, weil sie die Gruppen sehr klein halten. Ich schreibe demnächst auf jeden Fall auch noch einen Blogpost über die Elefantenfarm, den Ablauf und einige Besonderheiten (und Hinweise, woran man eine gute Elefantenfarm erkennt).
Liebe Grüße,
Lisa
Der Blogpost über den Patara Elephant Park ist jetzt online. Vielleicht ist er ganz interessant für dich, damit du weißt, was dich dort erwartet. :-)