Ein lauter Knall ertönt, der Boden vibriert und neben mir steigt Rauch auf. Ich höre Kinder schreien und sehe hastige Schritte überall in den Menschenmassen.
Nein, ich befinde mich nicht in einem Kriegsgebiet, sondern mitten in San Francisco – auch wenn es so klingt, als würden Bomben explodieren und Maschinensalven abgefeuert.
Nach dem langen Roadtrip die Scenic Route 1 entlang haben wir uns direkt in den nächsten Programmpunkt gestürzt und eine Ghost Tour durch San Franciscos Chinatown gemacht. Das einzige Problem: Wir haben genau den Abend erwischt an dem die Parade für das chinesische Neujahrsfest stattfindet, weswegen San Francisco zu dem Zeitpunkt sehr wahrscheinlich der lauteste Ort der Welt war!
Chinatown und alle restlichen Straßen waren komplett verstopft und selbst unser Guide (der das eigentlich hätte wissen müssen) kam eine Stunde zu spät. Dann ging es aber los und wir wurden in die Besonderheiten und Legenden von San Franciscos Chinatown eingeführt.
- Die Chinesen glauben, dass sich böse Geister nur geradeaus (also vor und zurück) bewegen können. Bewohner eines Hauses, auf dessen Hauseingang eine Straße trifft, bringen deshalb Spiegel an ihren Fassaden an, um die Geister zu reflektieren und vom Haus fernzuhalten. Überall in Chinatown kann man diese kleinen Spiegel entdecken.
- Ein sehr beliebter Zeitvertreib in Chinatown ist Gambling. Das wird hier allerdings nicht mit Karten gemacht, sondern mit Mahjong! Ich kann mir irgendwie nicht so ganz vorstellen, wie das bei diesem langwierigen Spiel gehen soll. Das Resultat ist jedenfalls meistens der Gang zum Pfandleiher.
- Deswegen, erklärte uns der Guide, ist es sehr wichtig, ein bestimmtes Ritual einzuhalten, wenn man auf einem Flohmarkt einen Gegenstand kaufen möchte.
Man soll ihn in die Hand nehmen, sich kurz vorstellen, der Sache erklären, dass man sie kaufen möchte und wenn sich der Gegenstand in der Hand immer noch gut anfühlt, kann man ihn kaufen. Der Grund: Gegenstände speichern angeblich die Energie und Schwingungen des ersten Besitzers und könnten mit den eigenen Schwingungen nicht kompatibel sein und einem deshalb schaden. Falls euch auf dem Flohmarkt also mal Jemand begegnet, der mit Gegenständen redet, dann ist er entweder Chinese oder verrückt!
Die Chinesen nehmen ihre Legenden jedenfalls sehr erst. Nach jeder Geistergeschichte, die wir erzählt bekamen, sollten wir kleine Böller schmeißen, damit wir die angelockten Geister vertreiben. Bei dem Paraden-Lärm hat sich allerdings mit Sicherheit kein einziger Geist dorthin verirrt. ;-)
Das Merkwürdigste an der kleinen Ghost Tour waren nicht die Geistergeschichten oder chinesischen Marotten, sondern Mitte Februar „A Happy New Year“ gewünscht zu bekommen und sich in San Francisco zu fühlen, als wäre man mitten in China.
San Franciscos Chinatown ist mit 24 Häuserblöcken eines der ältesten und größten chinesischen Stadtviertel außerhalb Asiens. Stockton Street wirkt sehr authentisch mit seinen Pagodendächern und engen Straßen. Zwischen den Fischgeschäften, den Obst-und Gemüsehändlern und den Imbissstuben kann man tagsüber ein unablässiges Gewimmel beobachten: Chinesen die einkaufen gehen oder chinesische Zeitungen lesen und Lastwagen die in zweiter Reihe parken. Und zwischen alldem findet man Jadeschmuck, Seidenstoffe und chinesische Trödelwaren.
Das war jedenfalls ein sehr trubeliger erster Abend in San Francisco und am nächsten Tag werden wir erst einmal einen kleinen Ausflug zu den friedvollen (und sehr leisen) Mammutbäumen im Muir Woods National Monument machen!
Über die East West Bank könnte ich mich wirklich schlapp lachen ;-D !!!
Herrlich beschrieben …und wieviele “Verrückte” hast du getroffen und muss ich mir nun Sorgen machen um dich ? :-))